Wie eine eigenwillige Entendame meinen Balkon von einem Tag auf den anderen in Beschlag nahm, mich mit ihrem natürlichen Charme schamlos um den Finger wickelte und mein Leben während Wochen ziemlich durcheinander brachte, oder einfacher gesagt:
Wie es zu diesem Buch überhaupt kommen konnte ...
Zweckentfremdeter Blumentopf!
Betreff: Unbarmherzige Entenmütter....
Hallo liebe Maggie-Freunde !
Zwischendurch mal wieder ein kleines Enten-Lebenszeichen mit aktualisierten Fotos meines Himmel traurigen Pflanzenbestandes auf dem Balkon. Die Ente selber lasse ich diesmal kalt lächelnd links liegen! WARUM?? Na dann schaut das erste Foto sehr genau an und vergleicht es bitte mit den anderen beiden. Ich nehme leicht frustriert zur Kenntnis: Meine Pflanzenwelt ist nicht mehr das, was sie einmal war!!
Die wunderschönen acht Eier im grossen Ententopf heissen für mich ab sofort nur noch "zukünftige Balkon-Pflanzenfresser"! Jawoll! Enten-Mama Maggie hat meine Liebe zu Tieren und meine hohe Toleranzgrenze für von Mutter Erde geschaffene, gefiederte und breit-flossige Geschöpfe haarscharf bzw. beinahe (quasi einen Millimeter daran vorbei) überstrapaziert!!! Der Thymian gleicht seit heute Abend abgestorbenen Baumstümpfen nach einem Waldbrand, der Rosmarintopf sieht mit seinen wenigen übrig gebliebenen Stengeln einfach lächerlich aus, der Schnittlauch gleicht einem Punk mit einer abverheiten Igelifrisur und von meinem ehemals wunderschönen blauen Blümchen- und Moostopf wollen wir ja schon gar nicht anfangen ...
Maggie scheint eindeutig das Nest-Material ausgegangen zu sein!! Ich hätte meiner Eingebung vor einer Woche Folge leisten und billiges Katzengras kaufen sollen ...
Aber ich muss zugeben: Maggie wird eine gute Enten-Mutter, denn sie brütet und brütet und brütet - bestimmt 22 Stunden am Tag!! Und sie schläft tatsächlich auch!! Seit etwa drei Tagen beobachte ich sie heimlich!
Ich schleiche mich ganz leise an die Balkontüre heran und finde sie in der für Enten und Schwäne typischen "Steck-den-Schnabel-ins-Gefieder" Schlafposition vor. Zum Teil waren ihre Augen dabei sogar geschlossen. Zumindest für einen klitze-kleinen Moment.
Ist das nicht mein Schnittlauch dort drin ...?!?
Maggie ist diesbezüglich unglaublich: Auch wenn ich sie mit meinen Prima-Ballerina-Qualitäten aus "Schwanensee" nicht sonderlich übertrumpfe, so habe ich doch feingliedrige Zehen anstatt breite Flossen wie sie, mit denen ich mich auf leisen Sohlen anschleichen und Maggie - so bilde ich mir ein - von ihr unbemerkt beobachten und ihre Ausdauer beim Stillsitzen bewundern kann. Aber nein, eben NICHT von ihr unbemerkt: in etwa 98 von hundert Fällen merkt sie sofort, dass ich da bin - sogar durch die geschlossene Balkontüre. Aber Achtung! Jetzt kommt's:
Seit wenigen Tagen hat sie den Durchhänger! Tatsächlich beachtet sie mich kaum!
Heute musste ich in ihrer Anwesenheit zudem das Stoffdach über ihrem Nest an einer Ecke wieder richtig befestigen - und im Gegensatz zum ersten Mal hat sie diesmal nicht einmal mit vorwurfsvollem Blick und Alarmstufe Rot-Körperhaltung wie ein Pferd durch die Nüstern geschnaubt. Ja ja, sie scheint zu denken, sie sei sich meiner tiefen Zuneigung und unbegrenzten Hilfsbereitschaft sicher und ich liesse ihr alles durchgehen!! Irrtum, liebe Enten-Mama! Denn zur Strafe kaufe ich vorerst keine frischen Kräuter und Blumen mehr, und die träge Maggie muss sich das Grünzeugs für ihren weiteren Nestbau gefälligst selber im See unten zusammen suchen gehen!
Klingt das ein bisschen hart? Okay! Ihr habt ja recht. Vielleicht kommen hier noch meine emotionalen Wallungen ins Spiel, seit ich den abrasierten Schnittlauch, mein himmel-trauriges, blattloses Thymiangestrüpp - Ihr wisst schon - entdeckt habe!! Ach ja: Die Petersilie war übrigens schon zu einem früheren Zeitpunkt zweckentfremdet und rausgezupft worden. Meine weltbekannt delikate Home made Salatsauce kreiere ich in der Zwischenzeit wieder wie im Winter - mit Trockenkräutern aus der Dose!
Bei der Wasserschutzpolizei habe ich mich übrigens bei einem etwas wortkargen Herrn erkundigt, wie man Enten-Mama und ihre
Ehemals dichter Thymian-Busch!
Küken am grossen Schlüpftag zum Gewässer bringen kann (die haben auf ihrer Homepage tatsächlich ein Kapitel mit der Überschrift
"Was muss man tun, wenn auf der Terrasse Enten brüten?"). Na, falls es jemand nicht weiss, soll er bitte MICH fragen!!!
Auf jeden Fall hat mich der leicht gelangweilt wirkende Herr Polizist, der wahrscheinlich naive Fragen von angehenden Enten-Patentanten mit von Federvieh in Beschlag genommenen Balkonen in diesen Tagen wie vom Tonband runtergespult beantworten muss - auf jeden Fall hat mich eben dieser Polizist mit zwei zusätzlichen Informationen beeindrucken können: Erstens schlüpfen die Jungen anscheinend nur tagsüber! Zweitens ist es nicht zwingend so, dass die Entenmutter von der Strasse her ihre Küken mit lautem Rufen zum Springen auffordert, was sie über längere Zeit ausdauernd tun kann. Sondern es ist auch denkbar, dass die (Raben-) Entenmutter ihre Küken sogar eigenflossig von der Höhe herunterschupst!! Autsch, wie gemein!!
Also liebe Freunde: mein Balkonspalt zwischen Boden und Geländer ist noch immer nicht Küken-(Un-)Fallsicher zugestopft. Allfällig hilfreiche Ideen werden gerne entgegen genommen!
Ich komme langsam zum Schluss meiner heutigen Berichterstattung aus Enten-Balkonien. Andere Frauen brauchen ihren Beauty-Schlaf, während ich meinen Erholungsschlaf benötige, damit ich Maggie's Saumödeli aushalten und Euch wieder mit langen E-Mails und lustigen Fotos mit unter anderem kahlrasiertem Gewürzgestrüpp belästigen kann!
Einen grünlosen Enten-Gruss von meinem Balkon aus schicke ich Euch herzlich!
PS: Mein verzweifelter Hilferuf wurde erhört; die ersten Pflanzenspenden sind bereits bei mir eingetroffen. Ich bedanke mich ganz herzlich bei der lieben Spenderin!